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Les Grands Paysages | Kassel

Kassel – Kulturlandschaft als Kulturerbe  

Die ehemalige Residenzstadt Kassel liegt im Mittelgebirge im Flusstal der Fulda, fast im geografischen Zentrum Deutschlands. International bekannt ist Kassel insbesondere durch seit dem 17. Jh. angelegte Schloss- und Parkanlagen wie den Bergpark Wilhelmshöhe und die Karlsaue sowie durch die alle fünf Jahre hier ausgerichtete documenta, eine der wichtigsten Ausstellungen zeitgenössischer Kunst.

Das Schloss im Bergpark „Wilhelmshöhe“ mit dem Monument des Herkules und umfangreichen Wasserspielen ist ein wichtiger Bezugspunkt. Eine lange Sicht- und Wegeachse führt vom Herkules (Wahrzeichen der Stadt) auf dem Karlsberg über das Schloss bis hinunter zur Orangerie in der Karlsaue. Die anfangs sehr barock gestalteten Anlagen wurden später kombiniert mit dem natürlicheren Stil des englischen Landschaftsgartens. Die Verknüpfung der Achse und der Orangerie mit der Innenstadt erfolgte über den rechteckigen Friedrichsplatz mit seinem großen Auefenster und den kreisrunden Königsplatz. Das mittelalterliche, von Fachwerkhäusern geprägte Zentrum Kassels wurde im 2. Weltkrieg weitestgehend zerstört und nicht mehr nach historischem Vorbild wieder aufgebaut. Der Umbau nach den Leitlinien der modernen, autogerechten Stadt der 1950er-Jahre prägt bis heute das Erscheinungsbild. In Kassel zeigen sich somit weitreichende Stadt- und Landschaftsgestaltungen verschiedener Epochen und ein in unterschiedlichen Formen ästhetischen und funktionalen Idealen verpflichteter Gestaltungswille. Den schönen Künsten bietet die Stadt mit den zeitgenössischen Werken der documenta bis heute regelmäßig öffentlichen Raum.

Das neue Innenstadtleitbild sieht eine Stärkung des Zentrums in mehrfacher Hinsicht vor. Städtebauliche Ansätze betreffen unter anderem bauliche Ergänzungen und die Attraktivitätssteigerung öffentlicher Straßen und Plätze. Dabei sollen die Besonderheiten der Stadtbaugeschichte vor und nach dem Krieg stärker berücksichtigt werden. Zugleich bewirbt sich Kassel um den Status des UNESCO-Weltkulturerbes für den Bergpark und lässt dafür wichtige Teilbereiche verbessern. Unsere Arbeiten für den Königsplatz und die Tulpenallee im Bergpark sind poetische Neuinterpretationen vorgefundener Elemente. Sie nehmen Bezug, betonen, sind aber trotzdem modern; sie sind dezente Interventionen im Kontext des Kulturerbes der Kasseler Kulturlandschaft.

 

Umgestaltung der Tulpenallee und ihrer angrenzenden Plätze im Bergpark Wilhelmshöhe  

Eine geschwungene Auffahrt führt durch den über 150 Jahre lang gestalteten Bergpark zum Schloss Wilhelmshöhe und darüber hinaus. Wie Almwiesen öffnen sich Lichtungen, kulissenhaft umstanden von einem herrschaftlichen, schattigen Bergwald mit pittoresken Baumindividuen und -gruppen, Parkarchitekturen und groß angelegten Wasserspielen. Dieser Besonderheit einer aufwändig gestalteten, ehemals aristokratischen Bergwelt will der Entwurf Rechnung tragen.

Die sanfte Integration der Wettbewerbsbereiche in das historische Bild ist hier Ziel. Denkmalschutz wird dabei situativ verstanden. Über die Jahrhunderte wurden an diesem Ort unterschiedlichen Gestaltungsauffassungen Raum geboten und diese miteinander kombiniert. Will man dem gerecht werden, sollte das Neue als Neues erkennbar sein, jedoch das Alte nicht stören, sondern es visualisieren.  

Der Entwurf folgt der bestehenden Trasse. Kuppen, Rampen und Kurven mit ihren charakteristischen Raumsequenzen können so weiterhin wahrgenommen werden. Ankommende, kreuzende und tangentiale Fußwege verflechten die neue Tulpenallee mit dem Bewegungsmuster der Parkbesucher im Raum. An markanten Querungen von Wasserläufen, Bächen und ‚Neuem Wasserfall‘ können diese unter Berücksichtigung der Gartendenkmalpflege sichtbarer gemacht werden.   

Entwurf Kamel Louafi Landschaftsarchitekten & Heilbronner Lachkareff Landschaftsarchitekten